Anlagepolitik 3. Quartal 2023

Rückblick

Die globalen Aktienmärkte zeigten sich auch im zweiten Quartal recht optimistisch mit der fortgeführten Erholung nach dem bereits guten ersten Quartal. Offenbar sind die schweren Ereignisse dieses Quartals bereits bestens verarbeitet, wie etwa der Stress im US-Bankensektor, die Notübernahme der CS durch die UBS, die Enttäuschung über Chinas flaue Wirtschaft. Die starke Börse scheint den Dingen wohl etwas vorausgeeilt, denn die Märkte reflektieren das unsichere gesamtwirtschaftliche Umfeld, die sich bereits abzeichnende Rezession und die wiederum gestiegenen Zinsen sehr unzureichend. Die Zen­tralbanken der USA und Europas sahen sich wegen der ungenügenden Fortschritte bei der Inflations­bekämpfung auch im zweiten Quartal zu Zinserhöhungen gezwungen, zuletzt im Juni, zusätzlich haben sie für die nahe Zukunft weitere Zinsschritte angekündigt. Die Geldpolitik wird damit noch restriktiver, dies drückt auch die Vorlauf- und Stimmungsindikatoren, die die bereits heute manifesten Ab­wärtsrisiken für die Konjunktur nochmals verstärkt haben. Keine besonders guten Aussichten für das Wirtschaftswachstum. Viel wird vom Feingefühl dieser Zentralbanken abhängen, ob sie den Wirtschaftsverlauf mit ausgewogenen Maβnahmen steuern können und eine gute Punktlandung erwirken können.

Auf den Gegenpolen der Erwartungen präsentierten sich zwei Überraschungen, zum einen wirkt die im Wirtschaftszyklus relativ späte und sehr ausgeprägte japanische Börsenerholung vor dem Hintergrund der fortgesetzten geldpolitischen Stimulierung wie ein einsamer Stern. Dagegen präsentiert sich der flaue Wirtschafts- und Börsenverlauf in China als komplette Enttäuschung. Die mit grossen Nachhol­erwartungen begonnene Nach-Covid-Phase erweist sich als regelrechter Flop. Die Chinesische Regierung steht vor schwierigen Entscheidungen in der Fiskalpolitik, die bisherigen Zinssenkungen der vergangenen Jahre lösten keinen Wachstumsschub aus. Zur Ankurbelung der Wirtschaft bedarf es also eines gut gesetzten fiskalpolitischen Anschubs.

Der Weltaktienindex MSCI legte im zweiten Quartal um +6.5% zu (seit Jahresanfang bei 13.8%), auch der amerikanische S&P um +8.9% (seit Jahresanfang bei 15.9%). Eine deutliche und in dem Ausmass völlig unerwartete Erholung zeigte der Technologie-Index Nasdaq Composite mit +15.8% (seit Jahresanfang bei 31.7%, damit das beste Halbjahr seit über zwanzig Jahren). Die Wachstumstreiber in den USA bestanden aus einer kleinen Gruppe von sieben Aktien, die seit Jahresanfang 58% zulegten, während die anderen Titel aus dem S&P 500 nur um 5% wuchsen. Die europäischen Börsen stiegen ebenfalls deutlich, der deutsche DAX um +3.8% (seit Jahresanfang bei 16.0%), dagegen legte der breit gefasste Eurostoxx 600 um +0.9% (seit Jahresanfang bei +8.7%) und die Schweizer Börse (der SPI) mit +2.3% (seit Jahresanfang bei +8.2%) eher unterdurchschnittlich zu. Der DAX-Index beging Ende Juni 2023 sein 35-jähriges Jubiläum, trotz allem Auf-und-Ab durchaus ein Erfolgsmodell. In Asien präsentiert sich das Bild heterogen, der japanische Nikkei stieg fulminant um +21.3% (seit Jahresanfang bei +29.3), Hongkong sowie China (Shanghai) fielen beide, bei -5.5% (-2.6%), bzw. -1.8% (+5.0%). (Die detaillierte Übersicht mit Graphik über die Börsenindizes befindet sich in der Beilage 1.)

Bei der Entwicklung d­er einzelnen Branchen stechen die beiden Sektoren Technologie, also die sog. Wachstumstitel, (nach der deutlichen Korrektur im Vorjahr) und Konsumgüter positiv hervor. Energietitel (also die sog. Value-Titel) verlieren nach der Hausse des vergangenen Jahres, wie auch der gesamte Rohstoffsektor auf der Stelle trat.

Obwohl die Notenbanken die Leitzinsen weiter erhöht haben, sind die Renditen an den Anleihenmärkten zwar mit leichter Volatilität, aber de facto fast unverändert geblieben. Die Renditen für 10-jährige US-Staatspapiere standen zum Quartalsende bei 3.8% (im ersten Quartal 3.5%), die deutschen Bundesanleihen bei 2.4% (2.4%), nur die Eidgenossen standen leicht tiefer bei 0.95% (1.2%). Im 12-Monatsvergleich verbleibt ein Zuwachs von 80 Basispunkten bei den US-Papieren, bzw. ein solcher von 100 bei den Deutschen Papieren, nur die Eidgenossen stagnierten im Jahresvergleich.

An den Devisenmärkten kam es zu unbedeutenden Veränderungen, mit einer leichten Erstarkung des CHF und Euro gegenüber dem US$ zum Ende des Quartals.

Der Goldpreis konnte seinen Höhenflug nicht ganz halten und wurde im zweiten Quartal tiefer gehandelt, sein Wertzuwachs zum Quartalsende steht bei 5.5%. Der Ölpreis (-10% seit Jahresbeginn) und die Notierungen der meisten anderen Rohstoffe (-6.7% seit Jahresbeginn) waren auf Grund der entspannten Angebotssituation rückläufig.

Standortbestimmung

Die Notenbanken in Nordamerika, Europa und Australien tragen die Hauptlast der Inflationsbekämpfung. So dient auch die jüngste Leitzinserhöhung diesem Ziel. Für die kommenden Monate sind weitere Zinsschritte in Aussicht gestellt, so spricht etwa die US-Fed von einem halben Prozentpunkt im kommenden Halbjahr. Auch England hat mitgezogen, die Hinweise auf weitere Maβnahmen der EZB und der Schweizerischen Nationalbank mehren sich. Dies wird meist damit begründet, dass die Kerninflation trotz der jüngsten Erfolge noch zu hoch verlaufe, somit seien die Notenbankziele noch nicht erreicht. Denn die Wirtschaft hat sich bisher als erstaunlich resistent erwiesen, auch ist die Lage am Arbeitsmarkt noch nicht entspannt genug. Diese Sicht der Notenbanken ist zwar verständlich, jedoch erhöhen sich die Abwärtsrisiken für die Konjunktur. Die Chancen für einen milden Verlauf einer sich anbahnenden Rezession scheinen intakt zu sein, so dass die (leichte) Verschärfung der Zinskonditionen keine starke Belastung für die Wirtschaft darstellen wird.

Ausblick

 Für die weitere Entwicklung der Finanzmärkte beurteilen wir die verschiedenen Chancen und Risiken in folgender Weise:

Chancen:

  • Die landläufigen Stimmungs- und Vorlaufindikatoren sind derzeit auf sehr niedrigen Niveaus. Eine allgemeine Aktieneuphorie ist nicht zu erkennen. Trotz allem: Aktien klettern an einer Wand aus Sorgen («Wall of Worry») nach oben, was für eine Fortsetzung des Trends sprechen könnte.
  • Aktienfonds weltweit verzeichnen keine Mittelzuflüsse, die Liquidität strömt in Anleihe- und Geldmarktfonds. Es ist bemerkenswert, dass sich die Aktienmärkte in einem solchen Umfeld gut halten, was insgesamt positiv zu bewerten ist.

Risiken:

  • Im historischen Vergleich kann festgestellt werden, dass die Aktienmärkte in den Monaten nach finalen Zinserhöhungen tendenziell fielen.
  • Die Marktbreite – der Anteil der Aktien, der die Marktbewegung trägt – ist historisch niedrig. Die Aktienindizes werden von vergleichsweise wenigen Branchen und Titeln (u.a. Technologie) getrieben.
  • Die Bewertungen der zurzeit bevorzugten Aktien ist nach allen Kriterien zu hoch gelaufen.

Anlagepolitische Konklusionen:

  • Eine offensive Aktienpositionierung drängt sich weiterhin nicht auf.
  • Qualitätsaktien von Unternehmen mit hoher Preissetzungskraft und gesunden Bilanzen sowie eine vernünftige Diversifikation über verschiedene Sektoren bilden den Kern unserer Portfolios.
  • Festverzinsliche Anlagen bleiben untergewichtet, kurze Restlaufzeiten und solide Bonitäten stehen bei der Investition im Vordergrund.
  • Goldanlagen erfüllen unverändert ihre Funktion als klassische «Absicherung» und Werterhalt.

 

Beilage 1

(Quelle: UBS Quotes)