Rückblick
Das zweite Quartal 2024 verlief für die Finanzmärkte durchwachsen. Nachdem das erste Quartal nach langsamem Start für eindrückliche Zuwächse sorgte, brachte das zweite Quartal mit wenigen Ausnahmen (USA, Japan und Taiwan) für die meisten Märkte eher gedämpfte Kursfortschritte zuwege. Während sich in den USA die Inflation als hartnäckig erwies und damit die entsprechenden Zinsphantasien ein ums andere Mal zurückstufte, sorgten in Europa die Schweizer Nationalbank und die EZB mit ihren Zinssenkungen für erste Silberstreifen am Zinshorizont. Die Konjunkturdaten und die Firmenergebnisse zeigten ihre positive Wirkung auf die Finanzmärkte. Die Wahlergebnisse von der Europawahl hatten diesmal einen direkten (und belastenden) Einfluss auf die Märkte. Der fortdauernde Krieg in der Ukraine trübte die Stimmung der Märkte (noch) nicht, dagegen stachen die Schwierigkeiten Chinas im (überschuldeten) Immobilienmarkt und beim (anhaltend tiefen) Konsumentenvertrauen immer deutlicher hervor.
Der Weltaktienindex MSCI legte +2.8% zu, seit Jahresanfang erreicht er +10.9%. Der US-Technologieindex Nasdaq Composite beendete das Quartal mit einem (kleineren) Plus als im ersten Quartal von +8.3%, er wird dadurch wieder zum Index mit Spitzenperformance, seit Jahresanfang steht er bei +18.1%. Der breit gefasste S&P 500 stieg (nur noch) um +3.9%, seit Jahresanfang um +14.6%. Die europäischen Märkte präsentierten sich uneinheitlich und blieben im Vergleich zu den US-Märkten im Hintertreffen. Repräsentativ dafür steht der Euro Stoxx 600 mit einem Rückschritt von -0.2%, erreicht damit «nur» noch +6.8% dieses Jahr. Der Schweizer Bluechip Index SMI legte mit +5.3%, begünstigt durch attraktiv gewordene Schwergewichte, ein sehr gutes Resultat vor. Der DAX war von der gestiegenen politischen Unsicherheit etwas weniger geprägt mit -1.4%, blieb aber positiv für das Jahr mit +8.9%, besonders gedrückt wurde der CAC40 mit -8.9%, der damit tatsächlich auf -0.9% seit Jahresanfang abstürzte. In Asien hielt der japanische Nikkei seinen starken Aufschwung vom ersten Quartal fast gänzlich fest bei kleineren Abgaben von -1.5%, Hongkong und Taiwan überraschten mit guten Zuwächsen von +7.1% bzw. +14.3%, China hielt sich nur knapp über der Nulllinie, ein weiteres verlorenes Vierteljahr. Die detaillierte Übersicht über die Börsenindizes befindet sich in der Beilage.
Bei den einzelnen Branchen etablierte sich eine dünn gewordene Spitzengruppe mit weitem Vorsprung, mit IT (+26.9% für das Halbjahr) und Telekommunikation (+22.2%). Die anderen Sektoren sind zurückgefallen oder haben die Plätze gewechselt. Finanz kam auf einen Anstieg in der Größenordnung von +10%, die Energie, das Gesundheitswesen und die Industriewerte jeweils im Bereich von +8%, die Versorger stehen bei einem Zuwachs von +5%, der Konsum bei +4%, die Branche der Grundstoffe bildet mit einem Nullwachstum das Schlusslicht. Während des Quartals ergaben sich deutliche Zuwächse bei einzelnen «Stars» der Branche (z.B. Nvidia), aber auch klare Verlierer, wie etwa Intel.
Die Anleihenmärkte waren natürlich auch ein Spiegelbild der Zinspolitik der grossen Notenbanken. Die aktuellen Renditen sind zwar bereits tiefer noch als Ende März, aber insbesondere die Europäischen und die US-Amerikanischen Renditen werden wohl erst noch von einer nachhaltigen Zinserleichterung profitieren. Die dauerhafte Erleichterung der Anleiherenditen steht wohl noch aus. Bei den 10-jährigen US-Staatsanleihen verlängerte sich die Phase höherer Renditen über das Quartalsende (bei 4.18%) hinaus auf das Zwischenhoch von 4.72% im April, bevor der Abstieg auf 4.3% zum Quartalsende begann. Die Renditen der deutschen Bundesanleihen zeigten sich bei 2.48% mit einem ähnlichen Bild, zu Quartalsende lagen sie noch bei 2.3%. Die Schweizer «Eidgenossen» sanken auf 0.53%, ihrerseits auch nach einem Zwischenhoch von 0.65% zum Quartalsende.
Auch für den USD wuchsen die Bäume nicht in den Himmel, der Höhenflug wurde gestoppt, im Verlauf des Quartals resultierte netto eine Seitwärtsbewegung (die als ein Erstarken des CHF gewertet wird), zum Euro blieb der US-Dollar im zweiten Quartal flach, der Euro legte im ersten Quartal zum CHF um +4.6% zu, im zweiten gab er -1% nach.
Der Goldpreis blieb auch nach der starken Bewegung im März weiter gefragt, mit einem Plus von +5.0% (USD-Basis) auf neu +13% seit Jahresbeginn, resp. +5% in CHF (auf neu +16%) sowie +6% in Euro (auf neu +15%). Generell höher notierten die übrigen Rohstoffe, der Ölpreis handelte aber im Quartal seitwärts.
Standortbestimmung
Die Konsens-Erwartungen der Ökonomen, Marktstrategen und Anlagechefs für den weiteren Jahresverlauf 2024 bleiben zurückhaltend, denn die inflationären Sorgen speziell in den USA sind doch noch nicht ausgestanden. Das Wirtschaftswachstum in den USA dürfte sich leicht abschwächen, in Europa dagegen verbessern. Den Notenbanken sollte dabei eine sanfte Landung der Wirtschaft (ohne Rezession) gelingen. Dieses Umfeld verspricht tiefere Anleiherenditen, die Aktien scheinen aber den Fakten doch etwas vorausgeeilt zu sein. Auch bei Rohstoffen und Edelmetallen überwiegt der positive Ausblick. Interessant ist jedenfalls die Rückkehr der High-Tech-Titel in den Favoritenstatus, die im Zusammenhang mit AI stehen. Die Bewertungen der einzelnen Titel sind auf jeden Fall sehr hoch. Der Goldpreis erweist sich als stabil und dürfte von physischer Nachfrage getrieben sein und nicht von krisenbedingter Nervosität.
Politische Wahlen werfen dieses Jahr durchaus ihre Schatten voraus, stärker als sonst. Es ist allerdings zu erwarten, daβ nach einer gewissen Zeit die politischen Spielräume für grössere Veränderungen weniger stark sind als erwartet. Es bleibt jedoch ein fühlbares Mass an politischer Unsicherheit im Raume, was für die Stimmung an den Finanzmärkten im zweiten Halbjahr nicht förderlich ist. Dies wurde deutlich nach den Europa-Wahlen in Frankreich, als die dortigen Finanzmärkte einen Schwächeanfall erlitten. Die Folgen nach der vorgezogenen Wahl in Frankreich könnten u.a. für den dortigen Staatshaushalt neue Ansprüche bedeuten. Bei der bestehenden (hohen) Verschuldung des Landes schwer umsetzbar. Auch die USA stehen vor einem sehr wichtigen zweiten Halbjahr, politisch wie wirtschaftlich. Wie immer, ist die gute Konsumnachfrage der Schlüssel für eine rund laufende Wirtschaft. Dazu kommt der Anstieg der Beschäftigung bei ausgeglichenem Lohnwachstum. Gleichbleibende bzw. nachlassende Rohstoffpreise könnten den (gewünschten) Beginn für die neuen Zinssenkungen einläuten.
Ausblick
Für die weitere Entwicklung der Finanzmärkte beurteilen wir die verschiedenen Chancen und Risiken in folgender Weise:
Chancen:
- Die Märkte bleiben bei ihrer sehr wohlwollenden Haltung gegenüber den bestehenden Risiken, und verlängern die bestehende Rally, bzw. Europa schliesst die Lücke.
- Das positive gesamtwirtschaftliche Umfeld bleibt erhalten, es ereignen sich keine schwerwiegenden Abweichungen, Krisen oder Pleiten. Der Beginn der lang erwarteten Zinssenkungen wird als neue Chance begriffen.
- Die Aktien-Bewertungen werden natürlich von den wohlwollenden Erwartungen auf zukünftige Gewinne gespiesen. Eine Rezession kann vermieden werden. Die Erwartungen auf die Vorteile der künstlichen Intelligenz tragen die Hausse weiter.
Risiken:
- Die Märkte realisieren, dass sie den realen Verhältnissen davongeeilt sind und zu hohe Erwartungen in die Kurse eingepreist haben.
- Die Zentralbanken verzögern die Zinsanpassungen. Steigende politische Risiken bringen das stark austarierte Bild durcheinander.
- Das Risikopotential aus den verschiedenen geopolitischen Spannungsorten für die Finanzmärkte besteht bereits bei einem «normalen» Verlauf. Eine weitere Verschärfung der geopolitischen Lage könnte die sorgfältig austarierte Wirtschaftspolitik beinträchtigen.
Anlagepolitische Konklusionen:
- Aktienengagements werden am unteren Ende der definierten Bandbreiten gehalten.
- Qualitätsaktien von Unternehmen mit hoher Preissetzungskraft und gesunden Bilanzen sowie eine vernünftige Diversifikation über verschiedene Sektoren bilden den Kern unserer Portfolios.
- Festverzinsliche Anlagen bleiben auf kurze bis mittlere Restlaufzeiten fokussiert bei soliden Bonitäten.
- Goldanlagen erfüllen unverändert ihre Funktion als klassische «Absicherung» und realem Werterhalt.
Beilage:
(Quelle: UBS Quotes)