Rückblick
Das vierte Quartal zeigte vor allem in der Politik gravierende Veränderungen. So wurde in den USA Donald Trump zum neuen Präsidenten gewählt, auch der Senat und das Repräsentantenhaus sind nun republikanisch. Zeitgleich mit der Trump-Wahl scheiterte in Deutschland die Ampelregierung und auch Frankreich verfügt über keine handlungsfähige Regierung. Schliesslich hat das Parlament in Südkorea eine Machtergreifung durch seinen zwischenzeitlich suspendierten Präsidenten erfolgreich abgewehrt. Gemessen an diesen turbulenten Ereignissen waren die Kapitalmärkte erstaunlich gelassen, zumal konjunkturell die negativen Entwicklungstendenzen ebenfalls zunahmen.
Alles in allem war 2024 ein sehr erfolgreiches Jahr für die globalen Aktienmärkte, zumindest oberflächlich betrachtet und nach einem notabene ebenfalls guten Vorjahr. Selten war jedoch die Divergenz grösser, angefangen bei der Wertentwicklung der einzelnen Regionen. Ohne die USA wäre das Aktienjahr nur durchschnittlich einzustufen. Zudem sind die US-Aktiengewinne getrieben von wenigen sogenannten «Magnificent Seven» (Alphabet, Apple, Amazon, Microsoft, Meta, Nvidia, Tesla), welche mehr als zwei Drittel der Jahresrendite des S&P500 verantworten. Mehr als ein Drittel der 500 grössten US-Unternehmen verzeichnete 2024 Verluste.
Der Weltaktienindex MSCI legte im vergangenen Jahr +19,2% zu, nach +20,6% 2023. Der US-Technologieindex Nasdaq Composite hält mit +28,6% die Spitzenposition, dicht gefolgt vom breit gefassten S&P500 mit +23,3%. Deutlich bescheidener fallen die Kurssteigerungen der europäischen Aktienbörsen aus; der repräsentative EuroStoxx 600 weist ein Plus von +7,7% aus, der deutsche DAX hält mit +18,8% die Führung der europäischen Märkte. Der Schweizer SMI erhöhte sich um lediglich +4,2%, hauptsächlich belastet von den enttäuschenden Indexschwergewichten Nestlé, Novartis und Roche. In Asien zeigte der japanische Nikkei mit +19,2% einen starken Zuwachs, das Gleiche gilt für Hongkong (+17,7%) und China (+12,6%).
Die detaillierte Übersicht über die Börsenindices befindet sich in der Beilage 1. Im Weiteren sind die Kommentierungen der anlagepolitischen Thesen für 2024 in der Beilage 2 und die Thesen für 2025 in der Beilage 3.
Bei den einzelnen Branchen dominierten wie bereits erwähnt die Technologieaktien. Unterdurchschnittlich schnitten die Sektoren Konsum, Automobil und Öl/Gas ab.
Die Verfallrenditen der 10jährigen US-Staatsanleihen erhöhten sich im Berichtsquartal auf einen Jahresendstand von 4,6% (3,8% per Ende 2023), die deutschen Bundesanleihen notierten mit 2,4% ebenfalls über dem Renditeniveau vor einem Jahr (2,0%). Die Schweizer Eidgenossen hingegen verzeichneten im Jahresvergleich einen Renditerückgang von 0,4% auf 0,2%.
Der USD setzte im Schlussquartal zu einem ordentlichen Höhenflug an und korrigierte damit die Abschwächung der Sommermonate. Im Jahresvergleich lag die US-Valuta gegenüber dem EUR und CHF um rund 6% bzw. 5% höher.
Die fulminante Aufwärtsbewegung des Goldpreises hielt – mit kurzer Unterbrechung im November – weiterhin an. Mit einer Wertsteigerung von +27% im vergangenen Jahr zählte Gold zu den besten Rohstoffen, der Ölpreis hingegen büsste gegenüber den Vorjahresstand 3% ein.
Standortbestimmung
Der Optimismus war selten so gross. Nachdem die Leitbörsen in den USA letztes Jahr – wie eingangs beschrieben – erneut hervorragend gelaufen sind, rechnet der Konsens dank der wirtschaftsfreundlichen Agenda der angehenden Trump-Regierung auch für 2025 mit weiteren Avancen. Die zuversichtliche Einschätzung, besonders für US-Aktien, zeigt sich auch im Nettoanteil der Fondsmanager, die US-Valoren in den Portfolios übergewichten. Dieser Anteil hat in der Betrachtungsperiode der letzten 25 Jahre ein neues Rekordhoch erreicht.
Wir beurteilen diese Erwartungen in verschiedener Hinsicht skeptisch. Im Bereich der Staatsfinanzen erkennen wir einen Risikofaktor für die Finanzmärkte. Steigende Verteidigungskosten sowie höhere Kosten für die innere Sicherheit werden die Staatshaushalte erheblich belasten, die ohnehin schon unter höheren Zinsen und überbordenden Ausgaben leiden. Die Ausgabepläne von Trump sprechen nicht für rückläufige Staatsausgaben, allenfalls vermag die höhere US-Wachstumsdynamik das Problem zumindest etwas zu entschärfen. In Europa, allen voran in Deutschland und Frankreich, fehlt es an einer Regierungsmehrheit, um einschneidende Massnahmen zur Sanierung der Staatshaushalte umzusetzen. Gegenwärtig ignorieren die Aktienmärkte diese Problematik aber weitestgehend. Wahrscheinlich gehen die Marktakteure davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) es mit einem massiven Ankaufprogramm schon wieder richten wird. Auch wenn die EZB dazu Hand bieten würde, würden die Börsen wohl nicht unbeschadet bleiben. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist in den angekündigten protektionistischen Massnahmen der neuen US-Regierung zu orten, da diese u.a. eine inflationstreibende Wirkung nach sich ziehen würden. Damit würde auch der Handlungsspielraum für weitere Zinssenkungen eingeschränkt. Schliesslich sieht sich China seit geraumer Zeit mit einer Wachstumslethargie konfrontiert und die verschiedenen Massnahmen, u.a. zur Revitalisierung des angeschlagenen Immobiliensektors, konnten bislang noch keine durchgreifende Trendwende bewirken.
Ausblick
Für die weitere Entwicklung der Finanzmärkte beurteilen wir die verschiedenen Chancen und Risiken in folgender Weise:
Chancen:
- Die Aktienmärkte zeigen weiterhin eine erstaunliche Resilienz und antizipieren die positiven Impulse einer wachstumsfördernden Wirtschafts- und Finanzpolitik der neuen US-Regierung.
- Die Aktienbewertungen in verschiedenen Sektoren sind – mit Ausnahme des Technologiesektors – im historischen Vergleich und unter Annahme von Gewinnwachstumserwartungen, im höheren einstelligen Bereich, moderat.
Risiken:
- Die Markterwartung einer Fortsetzung des Zinssenkungszyklus (Konsens: mindestens zwei Zinsanpassungen) ist vor dem Hintergrund der zähen Inflationsentwicklung zu optimistisch.
- Die bereits erwähnten sieben Unternehmen (Magnificent Seven) repräsentieren mittlerweile knapp 40% des S&P500 und 20% des Weltaktienindices MSCI. Eine solch hohe Konzentration auf wenige Titel wurde in der Vergangenheit nicht auch nur annähernd erreicht. Es ist auch offen, wo im KI-Bereich tatsächlich die grösste Wertschöpfung generiert wird. Mögliche Wachstumsenttäuschungen könnten zu sehr deutlichen Korrekturen der aktuell hohen Bewertungen führen.
- Der legendäre Investor Warren Buffet hält derzeit über 40% Liquidität (u.a. Verkauf von zwei Drittel seiner Apple-Bestände). Auch wenn sich bekanntlich Altmeister täuschen können, so gibt diese Positionierung doch Anlass zu erhöhter Wachsamkeit.
Anlagepolitische Konklusionen:
- Aktienengagements werden im unteren Bereich der definierten Bandbreiten gehalten. Eine offensive Positionierung drängt sich nicht auf.
- Qualitätsaktien von Unternehmen mit hoher Preissetzungskraft und gesunden Bilanzen sowie eine vernünftige Diversifikation über verschiedene Sektoren bilden den Kern unserer Portfolios.
- Festverzinsliche Anlagen fokussieren auf kurze bis mittlere Restlaufzeiten und solide Bonitäten stehen bei der Investition im Vordergrund.
- Goldinvestitionen erfüllen unverändert ihre Funktion als klassische «Absicherung» und als Anlage mit tiefer Korrelation.
Beilage 1
Deutsche Staatsanleihen
Beilage 2
Anlagepolitische Thesen 2024 / Kommentierung Januar 2025
Im Rahmen der Thesen stellen wir den Handlungsrahmen unserer anlagepolitischen Entscheide vor. Zu Beginn des Folgejahres werden diese rückblickend wieder kritisch betrachtet.
- Wir erwarten eine Rezession in den USA und in Europa.
Europa verzeichnete ein leichtes Wirtschaftswachstum von +0,9%, eine Rezession (Ausnahme: Deutschland) blieb jedoch aus. Die US-Wirtschaft wies ein solides Wachstum von +2,8% aus, in China stellte sich eine Wachstumsverlangsamung auf deutlich unter der Zielgrösse von 5 % ein. Insgesamt beurteilten wir das Wirtschaftswachstum zu defensiv.
- Die Inflation wird sich auf aktuellem Niveau im besten Fall stabilisieren, verbleibt im historischen Vergleich aber auf einem höheren Niveau.
Insgesamt präsentierte sich die weltweite Inflationsentwicklung im Jahresvergleich leicht rückläufig, liegt aber immer noch über der angestrebten Zielgrösse von 2%. Die These erwies sich als richtig.
- Die gelpolitische Lockerung wird später eintreten und weniger stark ausfallen als vom Markt erwartet (i.e. 6 Zinssenkungen à je 0,25%).
Die USA hat im vergangenen Jahr 3 Zinssenkungen von je 0,25% vorgenommen, die Europäische Zentralbank senkte die Leitzinsen viermal um ebenfalls je 0,25%. Diese These erwies sich als richtig.
- An den Rentenmärkten ist im Jahresverlauf von leicht sinkenden Renditen auszugehen.
Mit Ausnahme der Schweiz erhöhten sich die Renditen der führenden Staats-anleihen um 0,4% bis 0,6%. Diese These erfüllte sich demnach nur teilweise.
- Die Gesamtrenditen bei Aktienanlagen fallen bescheiden aus, die Dividendenerträge bilden dabei den wesentlichen Bestandteil.
Alles in allem war 2024 ein sehr erfolgreiches Jahr für die globalen Aktienmärkte, zumindest oberflächlich betrachtet. Ohne die USA und speziell die wenigen MEGA-Caps (die 10 grössten Unternehmen in den USA verantworten mehr als zwei Drittel der Jahresrendite des S&P500 Indizes; mehr als ein Drittel der 500 grössten Unternehmen in den USA verzeichnete 2024 Wertverluste) wäre das Aktienjahr eher als durchschnittlich einzustufen. Dies wird auch durch die einstelligen Wertsteigerungen der breit diversifizierten europäischen Aktienindizes bestätigt. Unsere These erwies sich jedoch insgesamt als zu vorsichtig.
- Gold behält seinen Charakter als «Absicherung», wir erwarten weiterhin einen positiven Verlauf.
Der fulminante Anstieg des Goldpreises um über 25% im vergangenen Jahr übertraf im Ausmass selbst unsere positiven Erwartungen.
Beilage 3
Anlagepolitische Thesen 2025
Im Rahmen der Thesen stellen wir den Handlungsrahmen unserer anlagepolitischen Entscheide vor. Zu Beginn des Folgejahres werden diese rückblickend wieder kritisch betrachtet.
- Wir erwarten keine Rezession, mit Ausnahme der USA wird das Wirtschafts-wachstum jedoch unterdurchschnittlich ausfallen, bzw. unter den Erwartungen.
- Die Inflation wird sich – mit Ausnahme der Schweiz – vom aktuellen Niveau nicht mehr weiter zurückbilden. Die Wahrscheinlichkeit eines Inflationsanstiegs nimmt zu.
- Die im Konsensus erwarteten zwei Zinssenkungen in den kommenden 12 Mona-ten sind u.E. zu optimistisch.
- Wir erwarten ein stabiles Zinsniveau an den Rentenmärkten.
- Bei Aktienanlagen ist von bescheidenen Gesamtrenditen auszugehen.
- Wir erwarten einen anhaltend positiven Verlauf des Gold